Als um 1890 herum das Automobil entstand, waren seine Konstrukteure froh, eine funktionierende Fahrmaschine auf die drei oder vier Räder gestellt zu haben, an ein Design im Sinne von Flächen, Blechen, Verkleidungen dachten sie nicht. So wie sich das technische Layout des Autos häufig an der Kutsche und manchmal am Fahrradbau orientierte, wusste man anfangs nicht, wonach ein Auto überhaupt aussehen sollte – es gab noch kein Design.
Es dauerte eine ganze Weile – fast 30 Jahre – bis man begriffen hatte, dass das Auto als Landfahrzeug den Gesetzen der Aerodynamik unterworfen ist. Das bedeutet, dass ein Auto abhängig von seiner Stirnfläche und einem Wert, der sich aus der Form ergibt, das Medium Luft besser oder schlechter durchströmt.
Jenatzy in seinem Rekordwagen, dem Geschoss »La jamais contente«, 1899 (Wikicommons) |
Design wie ein Geschoss
Das erste Auto, das über eine Art »Karosserie« im Sinne einer geschlossenen Form verfügte, war der Rekordwagen des Belgiers Camille Jenatzy, den er liebevoll »La jamais contente«, die niemals Zufriedene nannte. Dieses Geschoss (Jenatzy knackte 1899 damit die 100 km/h-Marke) war tatsächlich wie ein Geschoss designt, aber: Jenatzy hatte sowohl die Räder als auch sich selbst aus der Karosserie ausgespart. Nebenbei strafte Jenatzy mit seinem Rekord alle Zeitgenossen Lügen, die gedacht hatten, bei diesem Tempo würde ein Mensch am Steuer ersticken. Und er wurde der erste professionelle Rennfahrer überhaupt (für das Benz Werksteam). Sein Spitzname: Roter Teufel.
Jenatzy, der »rote Teufel«, beim Start zum Gordon-Bennett-Rennen 1903 (Daimler AG) |
Vorbilder: Schiff und Eisenbahn
Schiffe und Lokomotiven waren um 1900 die Technologieträger par excellence und ihre Form galt als trendy, als fortschrittlich. So lange das Auto formal und konstruktiv der Kutsche nachgebildet war, gab es nicht viel, was man hätte designen können. Erst nachdem sich ein »Grundlayout« herausgebildet hatte, eine Standardisierung eingetreten war, gab es Möglichkeiten, das Äußere eines Autos rudimentär zu gestalten: Die Motorverkleidung, die Spritzwand, die Kotflügel und die Fahrgastzelle, die bis 1920 eher einem Eisenbahnabteil oder einem Boot nachempfunden war und oft noch nicht einmal über Türen verfügte. Die erste Partie, die gestaltet wurde, war der Kühlergrill. Querschnittsform, Größe, Material und vor allem der Hersteller-Schriftzug wurden die ersten Herausforderungen für Fahrzeug-Gestalter. Aus dieser Tradition heraus erklärt sich die Bedeutung und das Design der Frontpartie mit Grill bis heute, auch wenn keine technische Notwendigkeit mehr dafür besteht.