„Designer-Autos“, also Autos, die von Designer-Designern designt wurden, haben häufig etwas Seltsames, und noch häufiger gehen sie gar nicht erst in Serie. Es scheint, dass das grundlegende Nachdenken über das Automobil zu so radikalen Lösungen führt, dass weder Publikum noch Industrie angetan sind. Die Form wird beim Vernunft-Design entweder nachlässig als notwendiges Übel mitgezeichnet oder bewusst als vernünftige Form ohne Schnickschnack konzipiert.
1965 wurde der Prototyp des „Autonova Fam“ präsentiert, ein kompakter Van für Stadt und Reise. Konzipiert und designt hatten ihn der damals sehr bekannte Autojournalist Fritz B. Busch und zwei Studenten der Hochschule für Gestaltung in Ulm, Michael Conrad und Piero Manzoni (in lombardischer Schreibweise Pio Manzú). Der Wagen sollte das Stadtauto der Zukunft werden.
Der Autonova Fam von Michael Conrad, Piero Manzú und Fritz B. Busch. Foto M. Caspers |
Conrad und Manzoni/Manzù durften nach eigener Aussage an der HfG Ulm „Autos nicht einmal erwähnen“, wie es im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, Ausgabe 39 von 1965 hieß, wollten aber unbedingt Autos designen. Das Projekt Autonova machten sie heimlich. Die Zurechnung des Autonova Fam zu den Studienleistungen der HfG Ulm ist somit nicht ganz zutreffend.
Die Bodengruppe kam vom deutschen Hersteller Glas, dessen 1300 ccm-Motor als sehr fortschrittlich und leistungsstark galt. Gesponsort wurde das Konzeptauto außerdem von NSU und dem Reifenhersteller Veith-Pirelli. Alle Medien berichteten, für die Sponsoren hatte der „Fam“ seine Schuldigkeit getan.
Das Problem: Den „Fam“ konnte man – wie es Der Spiegel genüsslich tat – nicht allein der Form wegen, sondern der Technik wegen kritisieren: zu schwer, für die Stadt dennoch zu stark motorisiert, zu schlecht verarbeitet. Da die Form keinerlei Repräsentationsaspekte bot und der Prototyp auch noch in Weiss lackiert war, standen die Chancen für die Serienfertigung schlecht. Ein bisschen kann man den „Fam“ wie ein Wireframe-Modell betrachten: Das Packaging stimmt, an der Form muss noch gearbeitet werden. Aber schaut man sich den ersten Renault Espace von 1984 an, der bei Matra entwickelt und von Antonis Volanis designt wurde, dann versteht man die Vorreiterfunktion des Autonova Fam.
Conrad gründete nach dem Studium mit zwei Ex-Kommilitonen ein Designbüro bei Stuttgart; er entwarf noch mehrere Prototypen auf Kunststoffbasis. Manzù ging zu Fiat und designte 1969/70 den Fiat 127, bevor er kurz darauf unerwartet starb.