Masters of Car Design: Geschichte und Theorie des Automotive Design

Geschichte und Theorie des Automotive Design

Wann kann man von »Design« sprechen? Design als gestalterische Absicht hat es schon immer gegeben, aber das Design, dass ich meine, ist ein industrielles Design; es beruht auf Professionalisierung und Arbeitsteilung. 1847 wurde die erste »School of Design« in London gegründet. Dort bildete man spezialisierte Musterzeichner und Entwerfer aus, die nicht mehr gleichzeitig Handwerker und Hersteller ihrer entworfenen Gegenstände waren.

Das Auto war von seiner Erfindung um 1880 bis in die 1920er Jahre hinein ein Luxusgut und Kleinserienprodukt. Die Technik war in den ersten Jahrzehnten so dominant und die Anleihen an den Kutschbau so vorherrschend, dass für „Gestaltung“ kein Raum blieb. Erst die Großserienfertigung des Autos einerseits und die um 1928 entstehende Idee des komplett umformten Gegenstands (Streamline Design) führen zu einer Gestaltungsdoktrin, die das Design eines Produkts als unentbehrlich für sein Entstehen, seine Produktion und Vermarktung erkennen. 1928 beginnt Raymond Loewy seine Karriere als Industrial Designer. Im gleichen Jahr beschließt der Vorsitzende von General Motors, Alfred P. Sloane, den Aufbau einer Designabteilung mit Harley Earl als Chefgestalter. Erst ab da kann man von Automotive Design sprechen – die Entwürfe aus der Zeit davor waren Einzelstücke und Prototypen, während Industrial Design den Entwurf für die Großserie meint.

Meine Geschichte des Automobildesign beginnt mit Handarbeit als Vorstufe zur industriellen Produktion auf dem Fließband. Ich erwähne auch Designer, die in ihrem Berufsleben vielleicht nur ein oder zwei Automobile gestaltet haben, weil sie als Industrial Designer viele andere Dinge gestaltet haben. Lange hat man die Gestalter von Autos Stylisten genannt, um sie von den Designern anderer Objekte zu unterscheiden. Das hat allerdings den Nebeneffekt gehabt, dass »Styling« als minderwertig gegenüber dem »Design« angesehen wurde, weil die Stylisten beliebige, zumindest nicht notwendige, funktional begründete Formen erfanden, während der klassische Designer nach den Mottos „less is more“ und „form follows function“ vorging – angeblich. Styling galt in Europa lange als unanständig, ungefähr so, wie die Werbung lange als unanständig im Vergleich zum Grafikdesign gesehen wurde (ich spreche von den Jahren 1950 – 1980).

Seit Jahren sammle ich Daten und Namen zur Geschichte des Automobildesigns. Design ist Teamarbeit und hierarchisch organisiert. Es gibt Stylisten, Designer, Heads, Leiter von Abteilungen, CEOs, Designdirektoren etc. So kommt es, dass ein Entwurf viele Väter hat und gleichzeitig, dass viele, die daran mitgewirkt haben, möglicherweise gar nicht erwähnt werden. Ich bitte für die nachfolgenden Artikel also um Nachsicht, wenn ich jemanden vergessen oder falsch zugeordnet haben sollte: work in progress. Im Moment habe ich ca. 200 Namen von Designern gesammelt, die zwischen 1928 und 1990 in der Automobilindustrie tätig waren und mit Serienmodellen oder veröffentlichten Prototypen in Zusammenhang gebracht werden können. Man ahnt, dass es vermutlich mindestens zehn Mal so viele Gestalter gegeben haben wird – gleichzeitig wird man sehen, dass die »Szene« in Europa zwischen 1950 und 1970 sehr überschaubar war, weil viele Hersteller gar keine eigene Designabteilung besaßen und die Entwürfe extern einkauften.

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